Ein Ort. Ein Zauberer. Ein Name.

Der Namensvetter aus der Welt der Zauberei.

Oha, jetzt wird Grindelwald nach Europa ausgeliefert. Echt jetzt? Grindelwald liegt doch schon in Europa. Wie kann es dann nach Europa überführt werden? Geht das überhaupt? Kann ein Ort ausgeliefert werden? Das geht über unsere Vorstellungskraft. Tja, die Zeitung «The New York Ghost» behauptet das zumindest. Ist ja auch ein spezieller Name für eine Zeitung. Da muss doch einfach Magie dahinterstecken. Unerklärlich.

Nur Namensvetter oder doch mehr?

Grindelwald. Der Name ist bekannt. Da wird zumindest in der Schweiz unmittelbar ans Eigerdorf gedacht. Ist ja auch wunderschön dort. Doch aufgepasst: Verwechslungsgefahr. Das Dorf darf den Namen nun mit einem Zauberer teilen. Die Harry-Potter-Fangemeinde weiss natürlich, wer gemeint ist. Und ja, sein Name darf genannt werden. Erst sein Bezwinger ist dieser böse Kerl, dessen Name nicht genannt werden darf, na ja, eben dieser «du-weisst-schon-wer».

Die Gemeinde Grindelwald hat von Zauberern zwar gehört, schliesslich wanderte schon Gandalf auf der Kinoleinwand durchs Lauterbrunnental, aber bis zu ihr ist noch keiner vorgedrungen. Das hat sich nun geändert. Die Magie ist definitiv erwacht – und zwar in Gestalt eines fanatischen Magiers. Gellert Grindelwald.

Lord Voldemort kommt erst später, vor ihm herrscht Gellert Grindelwald.

Gellert Grindelwald vertritt die Meinung, dass sich Hexen und Zauberer nicht verstecken sollen. Tönt ja zunächst einmal gut und nobel. Doch in seiner Idealgesellschaft sollen die natürlich überlegenen Zauberer die minder begabten Muggel beherrschen. Nicht cool, Gellert. Da hast du aus der Geschichte nicht viel gelernt. Das ist er also, der Namensvetter des Eigerdorfs. Gespielt von keinem Geringeren als Johnny Depp.

Obwohl er der gefürchtetste Zauberer auf der ganzen Welt ist, muss er sich am Ende von «Fantastic Beasts and Where to Find Them» mit dem Inneren einer Gefängniszelle zufriedengeben. Nicht zu Unrecht. Ein Mauerblümchen ist er ja nicht wirklich. Aber eben: Lange bleibt er nicht in der Zelle. Der Film «Fantastic Beasts: The Crimes of Grindelwald» beginnt bekanntlich mit der wagemutigen Flucht des dunklen Magiers.




Ganz schön alt...

Die erste urkundliche Erwähnung des Namens «Grindelwald» wird auf das Jahr 1146 datiert.

Dabei ist natürlich das Dorf in der Jungfrau Region gemeint. Zauberer gibt es vor und nach dieser Zeit auch etliche – doch den Gellert kennt noch niemand.
Zunächst sind in den Köpfen Namen wie Merlin, Gandalf, Miraculix, Nostradamus oder Gutenberg. Ergo fiktive Figuren, aber auch Naturwissenschaftler, die aus unterschiedlichen Gründen für Zauberer gehalten werden.
In den Archiven taucht der Name Gellert Grindelwald erst später auf – nämlich im ersten Band der Harry Potter-Reihe. Und dort wird er auch nur kurz auf der Rückseite der Schokofroschkarte von Albus Dumbledore erwähnt. Erst im siebten Band, welcher 2007 veröffentlicht wurde, gibt es mehr Informationen über diesen dunklen Magier.

Nur «Grinde ol Wald» gefunden.

Der erste Herr zwischen Thuner- und Brienzersee kommandiert Knechte in das Tal, welches sich von Interlaken südwärts in die Berge zieht. Neugierig wie er ist, will er wissen, was sich dort versteckt hält. Wer hat sich diese Frage nicht auch schon gestellt? Doch dann: Enttäuschung. Die Knechte treffen nur auf «Grinde ol Wald», also auf Felstrümmer oder Wald. Et voilà. So wird auf volkstümliche Art der Name Grindelwald gedeutet. Schön erzählt. Ob diese Geschichte der Sprachforschung genügen wird? Wohl eher nicht.
Hier die Erklärung: Das altdeutsch-keltische Wort «grindel» bezeichnet ein Stück Holz, das als Abschrankung gedient haben soll. Ergo ein «Riegel» oder eine «Sperre». Der «grindel» Wald wäre somit eine waldige Talschaft, die von der übrigen Welt «abgeriegelt» ist. Und wer hätte es gedacht? Dies traf für Grindelwald weitgehend zu – zumindest bis zur Öffnung der Wege entlang der Schwarzen Lütschine.

Es wird aber auch gemunkelt, dass J. K. Rowling den Namen Gellert Grindelwald von «Grendel» aus der Sage Beowulf abgeleitet hat.

Naja, weit hergeholt. Die Fakten sprechen doch für sich. Der Name des Zauberers stammt vom Eigerdorf ab. Unzweifelhaft. Kein Thema. Und das ist natürlich absolut keine Behauptung. Niemals. Es ist vielmehr eine Tatsache. Grindelwald ist der perfekte Ort, um als Vorlage für den Zauberer zu dienen – auch wenn dieser böse bis auf die Knochen ist. Denn auch im Eigerdorf gibt es düstere Kapitel.

David Yates

Grindelwald is a very sophisticated villain in the sense that what he really wants to do is win hearts and minds.

DAVID YATES Regisseur, über Gellert Grindelwald

Sunt lacrimae rerum. Das war ja so was von klar, dass das ganze Unterfangen schief gehen wird.

Gemeint ist die Überführung nach Europa mit einer Thestralkutsche. Wäre ja auch zu schade, den Johnny alias Gellert Grindelwald in einer Gefängniszelle verrotten zu lassen.
Der Film spielt im Jahr 1927. Interessant. Wie hätte wohl das «Fluchtauto» von Johnny Depp in dieser Zeit in Grindelwald ausgesehen? Thestrale und magische Kutschen waren wohl noch nicht auf dem Markt. Oder doch?

Platz hat es genug. Hiermit hätte der böse Magier noch mit anderen dunklen Gestalten transportiert werden können. Die Auroren stehen mit ihren schwarzen Mänteln auch schon Wache. Keine Chance auf Fluch, Johnny. Dazwischen transportiert das Hotel «Grand Eiger» mit seiner eigenen Hotelkutsche natürlich noble Herrschaften samt Familien und Gepäck zum Bahnhof und zurück.

Auch eine Variante: Im Winter kann Gellert Grindelwald für die Überführung auf einen Schlitten gebunden werden – aber natürlich nur zwischen den Milchtransporten – oder…

…hinter ein Rind gespannt werden. Rinder dienen ja als willige Zugtiere, vor allem im flachen Talboden. Da wäre natürlich jeder Zauber machtlos.

Ok, so geht’s natürlich auch: Einfach den Gellert mit Skiern unter den Füssen hinter ein Pferd binden. Der hat bestimmt keine Zeit mehr, um Flüche loszuwerden.

Die «Thestrale» in Grindelwald können zwar nicht fliegen, sehen aber umso lieblicher aus. Sie werden im Eigerdorf eben eher zur Schneeräumung gebraucht und weniger für Gefangenentransporte – hier ein Vierspänner mit einer Schneewalze.

Und wenn alles nicht hilft, muss natürlich Magie herangezogen werden. Die gibt es auch in Grindelwald – wie ist ansonsten dieses Gefährt zu erklären? Wurde das wirklich von Muggeln gebaut?

 

Dunkle Magie beherrscht das Eigerdorf

Ob da wohl Gellert Grindelwald seine Hände im Spiel hat?

Ein Haus nach dem andern geht in Flammen auf. Selbst die Sonne ist verdunkelt.

Das würde Gellert Grindelwald sicher passen. Gut, er ist zu dieser Zeit erst neun Jahre alt, aber trotzdem: Er hätte Spass daran. Bestimmt. Denn am 18. August 1892 brennt Grindelwald lichterloh – nicht er selbst, aber vielmehr das Dorf.
Der Regen nimmt mal wieder eine längere Auszeit – mit dem Resultat: Es herrscht eine Gluthitze. Schmor, schmor. Und ja, dann muss natürlich noch ein Föhnsturm kommen. Der hat jetzt wahrlich ein leichtes Spiel. Der erste Rauch auf dem Dach des Gasthofs Bären kreist schon durch die dicke Luft. Feuer. Zu spät. Die Gebäude und Häuser in der Umgebung stehen schon in Flammen. Der Föhnsturm treibt orkanartig durchs Dorf.

Jetzt wäre Gellert Grindelwald zu so etwas sicher auch fähig, doch mit neun Jahren staunt er nur sehnsüchtig über die Kraft des Feuers. Was für eine Gewalt.

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Gebäude werden innerhalb von zwei Stunden beim Brand von 1892 eingeäschert und mehr als 400 Einheimische obdachlos.

Das «Grand Hotel Bear» entsteht. Und das bereits ein Jahr nach dem Brand. 1894 ist Eröffnung.

Die Einheimischen ziehen definitiv ihre Lehren aus dem Brand. Ja vielmehr: Eine Wende wird eingeläutet. Die armen Dorfbrunnen werden nun nicht mehr beachtet. Die Wasserversorgung wird nämlich jetzt mit Hydranten geregelt. Auf in die Zukunft. Auch dieser malerische «Türmchengasthof» Baer für reiche Einzelfamilien ist nicht mehr «in». Angesagt ist nun das «Grand Hotel Baer» mit seinen grossen Gesellschaftsräumen. Und klar: Die Dorfkirche erhält zum Gedenken an die Katastrophe eine neue Glocke. Ganz wichtig. Diese hängt heute noch.

Eine Motorspritze fehlt zwar noch – doch in eine neue Kirchenorgel wurde bereits investiert.

Das «Grand Hotel Baer» gefällt bestimmt auch dem fanatischen Magier. Nicht weil es düster ist, oh nein, vielmehr weil es so mächtig daherkommt. Doch vier Jahre vor dem legendären Duell zwischen Grindelwald und Dumbledore steht das Hotel in Flammen. Abermals.
Grimmige Kälte beherrscht die Nacht auf den 16. Januar 1941. Die Sirenen heulen. Urplötzlich. Feueralarm. Alte Erinnerungen werden wach. Brandursache: Eine weggeworfene Zigarette. Vermutlich. Vielleicht war es auch dunkle Magie. Wer weiss das schon.

Glücklicherweise wurde ein Jahr zuvor anstelle einer motorisierten Feuerspritze eine Kirchenorgel gekauft. Hä? Naja, diese Entscheidung kann nicht rückgängig gemacht werden. Aber klar, es ist schon ein bisschen umständlich, mit einer Kirchenorgel ein Feuer zu löschen. Trotzdem: Alle Insassen werden gerettet und eine Katastrophe wie vor rund 50 Jahren kann verhindert werden. Der Orgel sei Dank.




So gefürchtet wie Gellert Grindelwald

Der dunkle Magier hat eine starke Konkurrentin: Die Eigernordwand.

«Wenn die Wand zu machen ist, machen wir sie – oder bleiben drin!»

Diese Aussage von Edi Rainer und Willy Angerer 1936 über die Eigernordwand bewahrheitet sich für die beiden – sie bleiben drin. Aus dem Erstbesteigungsversuch im Sommer 1936 wird das wohl bekannteste Drama der Eigernordwand. Gemeinsam mit Andreas Hinterstoisser und Toni Kurz aus Deutschland kommen die beiden Österreicher in der Wand um. Ohne Magie ist die Wand fast nicht zu machen. Denn ihr dunkler Verbündeter ist das rasch ändernde Wetter und der Steinschlag. Gut, Gellert Grindelwald hätte sich einfach auf den Eiger appariert und dann alle davon überzeugt, dass er die Nordwand hochgeklettert sei – dieser Cheater. Viele Nicht-Magier hingegen lassen am Eiger ihr Leben.

1938 schaffen dann doch vier Muggel die erste Durchsteigung der Eigernordwand.

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Meter hoch ist der Eiger und bildet zusammen mit Mönch und Jungfrau das berühmte Dreigestirn.

Grindelwald and the beasts

Wie bereits gesagt spielt der Film 1927. Newt Scamander, der Gegenspieler von Grindelwald, trägt einen Koffer mit «fantastic Beasts» herum. Einen magischen Koffer versteht sich, in dem er diese Wesen versteckt hält. Aussen klein, innen riesengross. Praktisch, so ein Koffer. Da gäbe es sicher Dinge, die wir gerne dort hineinschmeissen würden. Aber eben: Wir sind «nur» Muggel. Glücklicherweise werden die Tiere in Grindelwald nicht in so einer Reisetasche versteckt – die «Beasts» werden dort schon seit alters her sinnvoller eingesetzt.

Und ja, so eine Kuh in einem Rollkoffer würde wirklich ein bisschen dämlich aussehen. Trotzdem soll es ja Muggel geben, die ihre «Beasts» in der Handtasche herumtragen – natürlich auch in Grindelwald.

Da muss ein gewaltiger Koffer her. Denn 1906 besitzen in Grindelwald 543 Bauern gut 3000 Stück Rindvieh und mehr als 1000 Ziegen.

Das sieht natürlich Newt Scamander gerne: Im Eigerdorf wird zu den Tieren geschaut wie zur eigenen Familie.

So ein Esel ist wirklich ein nützliches Tier, obwohl seine Gattung manchmal auch gebraucht wird, um Menschen zu beschimpfen. «Du Esel, du…» Das wird dem Gellert auch nur einmal gesagt. Avada Kedavra. Aus. Schluss. Vorbei.

Zugegeben: Diese Beiden könnten aus der Ferne auch als «Beasts» durchgehen. Der Esel macht eben nicht die ganze Arbeit, da muss das Heu auch ab und zu selber getragen werden.

 

Grindelwald kennt die Jungfrau Region

Die letzten Minuten von «Fantastic Beasts: The Crimes of Grindelwald» liefern den Beweis.

Österreich? Na, nicht wirklich. Da ist definitiv das Lauterbrunnental Model gestanden

Am Schluss des Films ist Gellert Grindelwald im Schloss Nurmengard. Ein Gebäude, welches er selber errichten lässt und welches nach 1945, nach seinem Duell mit Dumbledore, zu seinem Gefängnis wird – bis ihn Lord Voldemort erlöst. Grindelwald hätte ihm eben mehr über den Elderstab verraten sollen. Im Film wird der Standort von Nurmengard nun verraten: Österreich. Echt jetzt? Das sieht dann doch eher nach einer anderen Gegend aus. Irgendwie vertraut.

Gut, vielleicht hatte Gellert Grindelwald auch einen Fensterplatz in Geografie – vielleicht hat er wirklich geglaubt, er sei in Österreich. Er hatte ja auch anderes zu tun. Weltherrschaft und so. Doch die Bilder sind unzweideutig aus der Schweiz. Oder genauer gesagt: aus dem Lauterbrunnental. Gellert, du hast dein Schloss in der Jungfrau Region gebaut. Bravo.

Da hat sich wahrscheinlich Hagrid im «Verbotenen Wald» einen riesen Feuerblitz gebastelt und ihn anschliessend zu Schrott geflogen. Kein Alkohol am Steuer – auch im Eigerdorf.

Hier versteckt er sich also. Der Obscurus. Ganz schön gefährlich. Mal hoffen, dass der Gellert nichts davon erfährt. Schön zu sehen, was das Landart Festival in Grindelwald alles zu Tage bringt.

Der weisse Magier in Grindelwald: Jeder böse Zauberer braucht halt seinen Gegenspieler… so gesehen beim World Snow Festival.

William Nadylam

It’s the charisma. You want to be his friend. You want to be with him. He looks like a winner.

WILLIAM NADYLAM spielt Yusuf Kama, über Gellert Grindelwald

Hat auch Grindelwald ein so starkes Charisma (falls überhaupt ein Ort Charisma haben kann)? Eine gewinnende Ausstrahlung also, die einen nicht mehr loslässt? Tja, diese Frage muss jeder selber beantworten – ist dann doch zu individuell. Grindelwald liegt heute noch am Fuss des Eigers. Glück gehabt. Es wurde nicht überführt. Der Zauberer hingegen wird 1998 von «Du weisst schon wem» getötet. Es kann halt nur einen geben.

Gellert Grindelwald wird 115 Jahre alt. Auf diesem Bild sieht er schon nicht mehr so gefährlich aus – ist ja auch das letzte Foto von ihm. Vermutlich kein Selfie. Möge er in Frieden ruhen.

Nur schon deswegen verdient Grindelwald einen Namensvetter aus der Welt der Zauberei

Auch der heutige touristische Ort Grindelwald muss wie sein Namensvetter Kämpfe austragen. Das gehört leider dazu. So gibt es nicht nur in der magischen Welt einen Konflikt zwischen Muggeln und Zauberern, nein, vielmehr braucht es auch in der realen Welt das Verständnis und die Akzeptanz sowohl der Einheimischen wie auch der Touristen. Trotzdem: Am Ende sollte es keine Zaubersprüche brauchen, um zusammenzustehen und zu entscheiden, was richtig ist und was falsch.

Aber eben: Über allem schwebt sowieso die Magie des Ortes. Zugegeben. Dies sind nur Buchstaben, die Worte ergeben. Und Worte, die zu Sätzen geformt sind. Schwarz auf weiss. Was sagt das schon aus. Das Charisma muss verinnerlicht werden – und das geht nur vor Ort. Alles liegt im Auge des Betrachters.

 

«Fantastische Orte: Die Magie Grindelwalds»

Denn ein Besuch in Grindelwald kann eine Liebesgeschichte sein. Aber auch ein Krimi oder eine Komödie. Er kann emotional, pulsierend und… magisch sein. Genau wie die Figur des Gellert Grindelwalds.

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Grindelwald Museum
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Fotos: Jungfrau Region, Archive of Magic,
Grindelwald Museum
Story: André Wellig
Winter 2019

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Grindelwald Tourismus
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Tel. +41 33 854 12 12
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